Solidarität mit den Toiletten-Schläfern!

Das mittlerweile als „Powernapping“ geadelte Nickerchen ist in aller Munde. Es steigert die Produktivität und senkt das Unfallrisiko. Bei dem Versuch, die wissenschaftlichen Erkenntnisse am eigenen Arbeitspatz durchsetzen, droht jedoch Ungemach.

Eine Welle warmen Mitgefühls durchflutete mich. Wie oft hatte ich mich in den Fängen eines besonders hinterhältigen Mittagslochs befunden, oder den einen Espresso zu viel getrunken, dessen gegenteilige Wirkung einem Knock-Out für die nächsten 30 Minuten gleichkommt. Doch in den Großraumbüros der neuen Wirtschaft kann man das kurze Nickerchen am Schreibtisch vor seinen Kollegen nur schwer verheimlichen. Das stille Örtchen war meine Rettung. Garantierte
Privatsphäre und relative Störungsarmut. Zugegeben – die Schlafposition ist nicht optimal. Der Spülkasten im Rücken verhindert das Kopf-Anlehnen. Bleibt eine Haltung ähnlich der von Rodins „Denker“. Mit einer ausreichenden Dosis Müdigkeit im Nacken und einiger Übung kann aber auch das gemeistert werden.

Wenn ich – nach etwa 10 Minuten leidlich erfrischt aufgeschreckt bin, schloss sich allerdings ein gefühlter Spießrutenlauf bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz an. Es dauerte einige Monate, bis sich aus den fragenden Blicken („Was die wohl so lange auf dem Klo treibt?“) auch die konkrete Frage herausgeschält hatte. „Du, sag mal...“.

Unter Druck fallen mir einfach keine Ausreden ein. Deshalb entschloss ich mich in einem kurzen verwegenen Moment einfach zur Wahrheit. „Bin kurz eingenickt. Weißt schon, das Mittagsloch...“

Erwartet hatte ich pikierte Blicke. Bekommen habe ich neidvolle: „Du hast es gut. Ich könnte das auch gern.“

In diesem Sinne: Solidarität mit den Toiletten-Schläfern!

Epilog: Nach meinem beruflichen Einstand in den Großraumbüros der Agenturwelt bin ich aufgestiegen in ein echtes Unternehmen. Dort teile ich mir mit meinem Chef ein Büro. Wenn der nicht da ist, kann ich kurz am Schreibtisch wegnicken. Meine Toiletten-Technik droht zu verwässern. Falls jemand interessiert ist – ich gebe gern Kurse.

Epilog II: Für all diejenigen, die es nicht bis zum Klo geschafft haben, hat das Sozialgericht in Dortmund eine wichtige Entscheidung getroffen: "Wer während der Arbeit einschläft, vom Bürostuhl fällt und sich dabei verletzt, hat dann einen Arbeitsunfall erlitten, wenn er infolge betrieblicher Überarbeitung vom Schlaf übermannt worden ist." (Sozialgericht Dortmund S 36 U 294 / 97 )

Hallelujah!

2 Kommentare:

Dominik hat gesagt…

Dann habe ich wohl die Ehre: Mehr mehr mehr schrie das kleine Blog! Wobei gerade ich das natürlich nicht rufen sollte, der ich doch noch mehr prokrastiniere als Du.

Anonym hat gesagt…

cool. ich kenn das gut :))) und ja ich mache es auch recht häufig und ja ich bin auch in einem großraumbüro wo kollegen ALLES sehen sogar ob die fingernägel sauber sind (mal metaphorisch); bei frauen siehste im sommer sogar hin und wieder nen besenreiser oder ne krampfader ;)