Ohne Zusammenhang

Rollmann ging in die Küche und aß einen Pfirsich, über die Spüle gebeugt. Während der süße Saft langsam an seinen Fingern herab in das Becken tropfte, spürte er in allen Gliedern eine Müdigkeit, die ihm fast den Verstand raubte. "Was auch sonst", dachte er mit letzter Kraft, dies war schließlich die zweite Nacht in Folge, in der er keinen Schlaf fand. Er warf den Kern aus dem offenen Fenster (den Richtigen der drei Müllsäcke, die Imi in seiner Küche platziert hatte, auszuwählen, war jetzt sowieso ein Ding der Unmöglichkeit) und entschied, dass es Zeit für einen weiteren Versuch wäre.

Noch ehe er einen Abdruck in den Kissen hinterlassen konnte, spürte er wieder diese gewaltige Unruhe, ein entsetzliches Jucken seines gesamten Körpers, seine Beine fingen an zu zucken, er war wach. So wach wie noch nie zuvor in seinem Leben, so wach, dass es ihm absurd erschien überhaupt jemals geschlafen zu haben. Er warf sich auf die andere Seite aber es half nichts, es hätte armdicker Stahlseile bedurft, ihn zu halten. Er sprang auf. Mit Abscheu und Verachtung betrachtete er sein Bett. Er fror. Sich etwas überzuziehen hätte bedeutet, den Wachzustand anzuerkennen, aber soweit war er noch nicht. Während er die aufreizend einladend zurückgeschlagene Bettdecke anstarrte, quoll aus einer Falte der zerwühlten Laken ein höhnisches Kichern hervor.

Rollmann fühlte sich ungerecht behandelt. Imi litt unter Schlaflosigkeit, aber doch nicht er. Jetzt musste er schon wieder an Imi denken, an Imi, wie sie ihn morgens aus ihren aufgequollenen Augen mit den roten Äderchen vorwurfsvoll anblickte, weil er sich genüsslich streckte, und ihm erklärte, ihre Schlaflosigkeit fühle sich metallisch an, zylindrisch, und mit leichtem Pfefferminzgeschmack. Er hatte immer leer zurückgeblickt und sich nocheinmal umgedreht. Jetzt würde er viel für eine kühle Schlaflosigkeit mit Pfefferminzgeschmack geben. Seine war feuerrot, und aus Leder. Sie war eine Peitsche, die ihn unbarmherzig traf, sobald er sich ins Bett legte und ihn zwang, sinnlos in seiner Wohnung umherzutigern.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Auch ohne Zusammenhang: Ich träumte letzte Nacht, dass ich einen Lichtschalter erst kaputt gemacht habe und ihn dann reparieren musste, allerdings unter großem Zeitdruck, denn die Erde bebte. Ooooookay. Ich fühl mich wie Rollmann. War zwar nicht schlaflos, aber fühle mich gepeitscht. Also doch ein Zusammenhang? Hm...

FräuleinU hat gesagt…

Großartig, das ist ein Traum nach meinem Geschmack! Rollmann würde allerdings weder im Wachzustand einen Lichtschalter reparieren können noch solche Träume haben. Er schläft ja auch nicht mehr. DIe Frage ist nur: warum? Ich habe da eine Hypothese. Nur: will die irgend jemand hören? Wahrscheinlich nicht, deshalb denke ich mir einfach weiter unzusammenhängende Rollmann-Episoden aus.