Warum der Aufschwung den Berliner Ring nimmt und alle Ausfahrten in die Innenstadt verpasst

Mein Fahrrad macht komische Geräusche. Als konsequente Symptom-Bekämpferin habe ich mir einen mobilen Musik-Player angeschafft und entsprechend bespielt. Franz Ferdinand funktioniert hervorragend, Jack Johnson hingegen gar nicht, das alte Weichei lässt mich jedes Kettenknallen ungedämpft hören. Aber heute war es soweit: mein Fahrrad nimmt mir die Pankow-Kreuzberg-Touren ernsthaft übel - zur Vergeltung wechselt die 7-Gang-Nabenschaltung selbstätig die Gänge.

Mit einiger Kraft überwinde ich mein Dienstleistertrauma ("Tja!! Bei den Schuhen is nüscht mehr zu retten. Die hättense mal vor nem Jahr herbringen sollen! Wie stellense sich dit denn vor?! Allet abjelatscht!) und schiebe das Rad bei FahrradMan vorbei.

Mit einem Quentchen Empathie hätte mir FahrradMan leicht ein neues Rad unterjubeln können. Es ist Frühling, die Euros sitzen locker, und der Todsündentester (bezeichnenderweise auf einer .ch-Domain) diagnostiziert bei mir "eine nicht zu vernachlässigende Affinität zu Neid" (im konkreten Fall auf leichte, leise Flitzeräder). Aber der Berliner Dienstleister an sich ist nicht der allergeschickteste Verkäufer:

- Na, dit is doch bestimmt schon fuffzehn Jahre alt!
- Ein neues Fahrrad in Berlin ist doch auch Wahnsinn!
- Ach, geklaut wird überall.
- Dann halt ein neues Fahrrad in Berlin ohne Keller.
- Ausm Keller klauense doch ooch!
- Na gut, dann sind wohl neue Fahrräder grundsätzlich keine gute Idee!


Es sind zwei FahrradMänner. In "GoodCop, Bad Cop"-Manier erzählt mir der eine, wie ich mein Fahrrad hätte besser pflegen können, während sich der andere kopfschüttelnd darüber beugt und fluchend an der undisziplinierten Gangschaltung herumschraubt. ("Dass dit überhaupt noch fährt!" "Jebraucht also... hamse dafür noch wat jezahlt oder wenigstens Entsorjungsjebühren jekricht?"), während ich mehrmals verstört "Jetzt seien Sie doch nicht so gemein" murmele und meinem Rad beruhigend über den Sattel streiche. Dann fährt er eine Proberunde, verquatscht sich mit dem Ladenbesitzer 4 Häuser weiter, kommt mir 5 Minuten später in einem Affenzahn entgegen und fährt mich fast um, wohl um zu demonstrieren, dass die Bremsen auch nicht mehr ganz taufrisch sind.

- Hier, hamse wieder Ihre halbe Leiche!
- Und wat kriegense jetzt dafür?
- 1000 Euro oder sie müssen ne Nacht hierbleiben"
- Na, vielen Dank!
- Jaja, wir sehen uns! (Höhnisches Lachen)


Darum. Darum mache ich alles selbst. Oder einfach gar nicht. Und darum kommt der Aufschwung nicht nach Berlin. Davon unberührt: is wohl nie verkehrt een Kerl mit großer Auskenne im Fahrradsektor zu haben...

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Komisch, mir ist sowas noch nie passiert und schließlich hatte ich auch ein 12 Jahre altes Montainbike...aber vielleicht wohne ich einfach im netteren Bezirk :)

Das Angebot mit der Nacht fand ich dann aber doch ziemlich witzig, obwohl ich wahrscheinlich auch versteinert geschaut hätte!!!

Dit is halt der Berliner Charme, weeste!!!

FräuleinU hat gesagt…

pah! punkow rulez!

Anonym hat gesagt…

TOTAL!!!